Von Amsterdam nach Leiden

4. Von Amsterdam nach Leiden

Wir sind, wahrscheinlich aufgrund des Wetters, alleine in der ‚Oranjesluizen‘ vom Markermeer nach Amsterdam. Auf dem Amsterdam-Rhein-Kanal halten wir uns dicht an den Steuerbord-Tonnen, denn der Schiffsverkehr auf dem Wasser ist immens.
Nach kurzer Fahrt biegen wir direkt am Fähranleger in den Sixhafen ein. Eine enge Einfahrt, sehr schmale Fahrgassen, auslaufende Schiffe, Charterboote mit unerfahrener Mannschaft und dazu der immer noch starke Wind …. Adrenalin-Schub !!! Das hat nach der IJsselmeer-Überfahrt noch gefehlt. Wir sind beide ziemlich k.o., als wir sicher in einer Box festmachen.

Doch der Hafen liegt genial. Nach 200 m Fußweg ist man an der Fähre, die einen kostenfrei über den Kanal direkt zum Bahnhof bringt. Direkt dahinter fängt der Stadtbummel an und das große Staunen: “Wie finden die Leute hier je ihr Fahrrad wieder….”
Wir bewundern die herrlichen Kachelmalereien im Tunnel unter dem Bahnhof, die herrschaftlichen Gebäude, Plätze, Grachten, …und Fahrräder 🙂 . Im neuen Gebäude a’dams lookout gegenüber des Bahnhofs wurden Schaukeln auf dem Dach installiert, die höchste in Europa. Uns wird beim Zuschauen schon schwindelig…

Am Dienstag, 11. Juni, kommen unsere Freunde Anne und Rolf mit dem Flieger aus Zürich an. Wir werden eine Woche gemeinsam unterwegs sein. Nach einem leckeren gemeinsamen Essen, starten wir am nächsten Morgen im Sixhafen.

Nach Verlassen des Hafens legen wir noch bei Reinplus Vanwoerden vor der Schleuse an, um Diesel zu bunkern. Auf der Rückseite des großen schwimmenden Containers ist die Zapfsäule für die „Kleinen“  Zur gleichen Zeit legt vorne das Binnenschiff Wilhelmina an, mit etwas anderen Dimensionen bei der Tankrechnung…
Im Container bekommt man alles zu kaufen, was man oder frau so auf dem Schiff braucht. Ein super Service und sehr freundliches Personal zeichnen diese Station wirklich aus.

Wir passieren die Oranjesluizen, kreuzen über’s IJsselmeer (diesmal bei ruhigem Wetter) und fahren in Muiden durch die Schleuse auf die Vecht. Wie bei der ersten Fahrt genießen wir hier die ruhige Fahrt und die mit herrschaftlichen Häusern bestückten Ufer. Die Utrechtsche Vecht ist einfach schön.
In Vreeland haben wir Glück. Vor der Van Leer Brug gibt es nur zwei kleine Liegeplätze. Und diese sind frei. Wir machen fest, erkunden den kleinen Ort und gehen im Restaurant Noord-Brabant wunderbar leckere Pannekoeken essen.

Kurz vor Utrecht müssen wir wieder auf den Rhein-Kanal, um die Stadt von Süden anzufahren. Kabbelige kurze Wellen aufgrund des starken Schiffsverkehrs und der Spuntwände, dazu ein kalter starker Wind. Nicht ganz so schön. Wir sind alle erleichtert, als sich hinter uns die Schleuse in Nieuwegein schließt. Wieder klappen wir unser Verdeck runter, um unter dem Bahnhof Utrecht durchzukommen und machen in der großen Gracht in Nähe der Utrechter Altstadt fest.
Ein Stadtbummel, lecker Essen, am Morgen eine Grachtenfahrt mit Lolo und weiter geht’s.
Nach der Schleuse queren wir den Kanal und fahren in die nächste Schleuse ein, die uns auf die Hollandse IJssel bringt. Das Wetter bessert sich und wir genießen den kleinen Fluss, vorbei an entzückenden Häuschen und gepflegten Gärten. Anne und Rolf sind begeistert. Mal eine ganz andere Sichtweise im Urlaub – vom Wasser aus.

Den nächsten Stopp legen wir in Montfoort ein, jedoch nur um Wasser zu bunkern. Vom letzten Jahr kennen wir hier die Gegebenheiten, fahren jedoch weiter, da es noch früh am Tag ist. Wir beschließen, in Oudewater direkt hinter der alten Michaelskerk festzumachen.

Oudewater hat ein besonderes Museum – „De Heksenwaag“ / die Hexenwaage. Die Waage ist aus dem Jahr 1482. Bereits im 16. Jahrhundert wurde in diesem historischen Gebäude gewogen. Damals war es eine Frage von Leben und Tod für die, die der Hexerei bezichtigt wurden: Viele Männer und Frauen endeten auf dem Scheiterhaufen. Die Stadt Oudewater war die einzige Stadt in Europa, die vom Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Karl V das Privileg für ein gerechtes Wiegeverfahren erhielt. Dementsprechend wurde hier auch niemand als Hexe verurteilt. Denn wer zu schwer war, um auf einem Besen zu reiten, wurde freigesprochen….

Die Hollandse IJssel bringt uns durch ländliches Gebiet – eine entspannte Fahrt. An der Stolwijkersluis vor Gouda verlassen wir den geregelten Wasserstand, ab hier ist Ebbe und Flut spürbar. Denn die Hollandse IJssel trifft ohne weitere Schleuse östlich von Rotterdam auf die „Nieuwe Maas“, die ein paar Kilometer weiter in die Nordsee fließt.

Gouda

Die Gezeiten mit unterschiedlichem Wasserstand sind für unerfahrene Skipper eine Herausforderung bei der Einfahrt nach Gouda. Die Einfahrt zur Schleuse ist unübersichtlich, denn davor muss man unter der Mallegatbrug hindurch  KEINE Hubbrücke! Je nach Ebbe und Flut ändert sich die Durchfahrtshöhe sowie die Wassertiefe und das Warten im Fließgewässer ist auch nicht einfach! Da ein gut lesbarer Wasserstandspegel an der Brücke fehlt, sollte man sich vorher gut informieren. Nach Passieren der Mallegatsluis sind wir im Museumshafen. Wir fahren weiter bis zur großen Pottersbrug und legen dahinter an den neu gebauten Stegen direkt Nähe Stadtzentrum an.
Die Innenstadt begeistert uns wie beim letzten Besuch. Wir freuen uns über ein Schild „Grillworst“ an einem Stand auf dem großen Wochenmarkt. Denn kross gegrillte Bratwürste oder ne Currywurst findet man in Friesland nirgends. Mit großen Augen und Gelächter kaufen wir einen „Abschnitt“ der ca. 5 cm-dicken „Grillworst“… Die Verkäuferin packt die heiße Wurst in Papier und drückt sie uns in die Hand!! Wir schauen uns fragend an: „Brötchen??????“ Fehlanzeige. Also suchen wir einen Bäckerstand auf, kaufen Brot und essen lachend unsere erste holländische „Grillworst“…
Im Traditionshafen finden die Museumshafen-Tage statt. Shantychöre, Vorführungen über alte Verladetechniken, Oldtimer der Straße und des Wassers, Trachten, Musik, … ein schönes abwechslungsreiches Fest.

Leiden

2 Tage später folgen wir der Gouwe/dem Oude Rijn stromaufwärts, unter großen Brücken hindurch, an den Orten Boskoop und Alphen am Rhein vorbei, bis nach Leiden.
Aufgrund Wochenende ist der stadtnahe Hafen und die Herengracht mehr als voll und laut, wir verkrümeln uns nach der großen Brücke backbords an die Stege des „Ankerparks“. Eine wunderbares „Hunde-Gelände“, denn frei laufen lassen ist erlaubt.

Wir sind begeistert von der Stadt Leiden. Eine Schönheit unter den bisher gesehenen Städten. Idyllische Grachten, geschmückte Häuser, Cafés am Wasser, historische Bauten und Brücken, …. Genussvolle Stadtbummel runden unsere Woche mit unseren Freunden Anne und Rolf ab.
Bernd bringt die beiden mit dem Beiboot Lolo am Dienstag, 18. Juni in die Nähe des Bahnhofs  . Es war schön, dass ihr an Bord gewesen seid, wir hatten viel Spaß.