Vom Niederrhein auf die Ruhr

Von Koblenz nach Duisburg und dort auf die Ruhr

Sonntag, 17.07.16:  Wir gewöhnen uns schnell wieder daran, weit vorausschauend zu fahren. Mit dem Fernglas sichten wir die vielen Binnenschiffe, Hotelschiffe, Fahrgastschiffe und kreuzenden Fähren. Hat eins der Berufsschiffe die ‚blaue Tafel‘ oben?
Dann heißt es backbord fahren, um entgegen dem normalen Rechtsfahrgebot das bergwärts fahrende Schiff an Steuerbord zu passieren.
Rhein-km 605: Neuwied – Übernachtung in einem riesigen, ziemlich leeren Hafen, da das Gelände an einen Investor verkauft wurde, der Yachtclub sich so langsam auflöst und die Schiffe sich andere Häfen suchen.
Wir lassen in der Sonntagnachmittaghitze Lolo zu Wasser, um den Rumpf von Beljanca zu säubern und freuen uns über den ersten Einsatz unserer Außendusche auf der Badeplattform. Eine feine Sache bei der Hitze.

In manchen Häfen treffen wir auf Wasserschildkröten.
Ein eher ungewöhnlicher Anblick, wenn man an Enten, Schwäne und Fische gewöhnt ist…

Es geht weiter auf dem Mittelrhein vorbei an Andernach, Remagen mit seinen alten berühmten Brückenpfeilern, Bad Honnef und Bonn.
Kurz nach Bonn auf Rhein-km 660 halten wir im Hafen Mondorf und sind begeistert. Eine ruhige Lage, mitten im Grünen und ein netter Yachtclub mit kühlem Bier. Was will man mehr??
Am zweiten Tag wird es laut im idyllischen Hafen – ich höre Bugstrahlruder und Rückwärtsgang. Eine Wand schiebt sich plötzlich vor ein Fenster mit Blick in die Hafenbucht.
Waren wir bisher der Meinung, dass unsere Beljanca doch recht ordentliche Maße hat, werden wir nun eines besseren belehrt. Neben der neuen holländischen Yacht sehen wir aus wie das kleine Beiboot – David neben Goliath. Da die Steglänge bei weitem nicht ausreicht, fragt der Eigner, ob er seine Bugleine bei uns vorne zur Sicherheit noch festmachen könne…. !!
Ich kann mir das Lachen kaum verkneifen
Ich freue mich, nachmittags noch mit meinem Bruder Michael telefonieren zu können, er feiert im Kreis seiner Freunde und Familie seinen 54. Geburtstag. Eine leise Traurigkeit kommt auf, nicht dabei sein zu können, aber wie immer kann man nicht auf zwei Hochzeiten tanzen.

18.07.16: Mit den Rädern fahren wir ca. 8 km rheinaufwärts, um uns Bonn anzuschauen. Durch die Rheinauen führt ein herrlicher Weg und wir passieren den kleinen Flusslauf der Sieg mit einer handbetriebenen Seilfähre. Herrlich.
Die Stadt gefällt uns außerordentlich gut. Ein sehr schönes Einkaufsflair, nette Fußgängerzone, Cafés und herausgeputzte historische Bauten.

Auf der Weiterfahrt passieren wir Köln mit seinen berühmten Bauwerken, vom Dom über Industriedenkmäler bis hin zu den modernen eigentümlichen Wohnbauten.
Der häufige Wechsel der Fahrwasserseite der Berufsschifffahrt, starker Wind und bedingt durch die hohe Dichte von Schiffen sehr unruhiges Wasser gestalten das Fahren recht anstrengend. Wir sind jedoch froh rheinabwärts zu fahren und so mit ca. 18 km/h unterwegs zu sein. Gegen die starke Strömung kämen wir auf max. 6-8 km/h !!

Die Bezeichnung Mittelrhein wechselt bei Rhein-km 694 auf Niederrhein und wir fahren auf diesem bis Neuss, kurz vor Düsseldorf.
Der letzte Gästeplatz in einer Nische fordert uns beim Anlegen ziemlich raus und wir sind froh, ohne Schrammen im Schiff festmachen zu können.
Wir passieren am Donnerstag, 21. Juli Düsseldorf, fahren unter den bekannten Brücken durch, an der Messe und Kaiserswerth vorbei und erinnern uns an die 3 Besuche der Messe ‚boot‘ in den letzten Jahren.
Wie oft sind wir am Rhein gestanden und haben darüber sinniert, wie es wohl sein wird wenn wir mit dem eigenen Schiff hier entlangfahren. Und dieses Jahr ist es schon soweit – wie schnell sind die Jahre des Planens und Bauens vergangen !!

In Krefeld liegen wir 2 Tage, füllen mal wieder die Vorräte auf, putzen und waschen.
Auf dem Weg zum Abzweig in den Rhein-Herne-Kanal passieren wir Duisburg und seine Industriehäfen. Das trübe Wetter und der kalte Wind vereint mit den qualmenden Schornsteinen, den Industrie-Kaianlagen und den riesigen Anlagen der Stahlverarbeitung zeichnen eine äußerst unwirtliche Landschaft.
Mir kommt mal wieder in den Sinn, in welch paradiesisch schöner Gegend wir am Bodensee leben. Die Gerüche, die immer wieder durch die Luft wabbern und uns auf der Fahrt durch das Ruhrgebiet begleiten, sind speziell ….

Wir erreichen Rhein-km 780 – Duisburg/Abzweig in den Rhein-Herne-Kanal zur Mittagszeit. Wir sind froh, dass Samstag ist und die Industrieschifffahrt etwas weniger ist als wochentags.
Auf UKW-Kanal 82 melden wir uns bei der Schleuse Duisburg-Meiderich „Duisburg Schleuse von Sportboot Beljanca, bitte kommen!“ und werden 7 m nach oben / bergwärts auf den Rhein-Herne-Kanal gebracht. Nach ein paar Metern auf dem Kanal biegen wir jedoch rechts ab, passieren das Sicherheitstor des Kanals und befinden uns auf der Ruhr.

Auf der Ruhr

Kurz hinter Duisburg biegen wir vom Rhein-Herne-Kanal steuerbord ab und fahren weiter auf der Ruhr. Nach 8 km bringt uns die Schleuse Raffelberg weitere 7 m in die Höhe. Wir haben mal wieder Glück und sind alleine in der Schleuse – 142 m lang und wir mit unserer Beljanca.
Es ist ein äußerst starkes Kontrastprogramm. Nach dem grauen Industrieszenario in Duisburg sehen wir hier an der Ruhr entlang grüne Wiesen, grasende Schafe, kleine Campingplätze, Entenfamilien, Paddler, Kanuten und Ausflügler.
Die Ruhrtalbrücke überspannt das Tal.

Der sehr freundliche Schleusenwärter an der Schleuse Mühlheim gibt uns viele Tipps und Broschüren mit auf den Weg, erzählt ein bisschen was von der Ruhr und ihrem Gebiet drumrum (deshalb der Name ‚Ruhrgebiet‘) und wünscht uns einen schönen Aufenthalt.

Wir beschließen, bis kurz vor die Stadt Essen zu fahren und passieren Mülheim, Kettwig und machen an den Stegen des Essener Outboard-Club am Landgasthof Schevenerhof fest.
Ein Ausflug mit dem Fahrrad bringt uns nach Essen-Werden, ein kleiner idyllischer Vorort der großen Stadt.
Sonntag, 24. Juli ist Feuertaufe für Lolo! Wir befestigen den Außenborder, legen Gino die Schwimmweste an und düsen die Ruhr entlang bis zur Schleuse Baldeney und zurück. So ganz glücklich ist unser kleiner Hund nicht über den Ausflug – zu laut, zu schnell und vor allem schon wieder was Neues…. (intern: diesmal ohne die verrückten Schweizer )
Das kleine Beiboot meistert seine Sache bestens und der Motor läuft sauber. Wir sind zufrieden und genießen den Mittag mit einem kühlen Bad in der sauberen Ruhr bevor wir losmachen und den Weg zurück nehmen bis Mülheim.

Im Kettwiger See denken wir an unsere Freunde Kurt und Toni, die von hier stammen, und machen ein paar Erinnerungsfotos.
Der freundliche Schleusenwärter empfängt uns wieder und lässt uns im Oberwasser der Schleuse übernachten.

Hier lernen wir, was ein Poke….-Hotspot ist…. !!!! Nachdem wir uns schon mehrfach gewundert haben, warum uns immer wieder Dutzende von Leuten mit starrem Blick auf ihr Handy begegnen, werden wir hier aufgeklärt.
Das neue Spiel Poke…-Go verleitet Unzählige dazu, wie die Lemminge umherzulaufen oder sich an den besagten Hotspots zu treffen und auf dem Handy zu spielen. Der Treff am gegenüberliegenden Ufer dauert bis spät in die Nacht …!! Ohne Worte!

Das Kontrastprogramm bietet ein älterer Herr, der sich auf die Bank an der Promenade setzt und sein kleines Ruderboot ins Wasser lässt. Per Fernsteuerung lässt er das Holzmännchen im Boot die Ruder bewegen und so durch das ruhige Wasser des Schleusenkanals rudern. Es sieht verblüffend echt aus und die Idee begeistert nicht nur uns. Es bleiben viele Familien und Kinder stehen und schauen begeistert zu, wie das Bötchen seine Kreise zieht und der hölzerne Kollege rudert.

Wir verlassen am Montag, 25.07. die Ruhr und fahren auf den Rhein-Herne-Kanal.
Ziel Hafen Oberhausen.