Über die Oder ins Stettiner Haff nach Ueckermünde

Von Berlin über Oder-Havel-Kanal ins Stettiner Haff bis Ueckermünde

Zurück auf Beljanca…
Der Mietwagen für die Rückfahrt wartet schon und so fahren wir am 18.07. spätabends los, um nicht einen ganzen Tag auf den Autobahnen im Stau zu verbringen. Wir kommen gut durch und sind morgens um halb vier wieder auf unserer Beljanca in Wildau, südöstlich von Berlin.

Anstelle über den Oder-Spree-Kanal auf die Oder zu kommen haben wir beschlossen, den Weg über Berlin zurück zu nehmen, um dann weiter nördlich über den Oder-Havel-Kanal und das Schiffshebewerk Finow nach Stettin und den Weg ins Haff zu fahren.
Bei einem Zwischenstopp im Tegeler See treffen wir unsere Freunde Beate und Peter auf ihrem Schiff Wat Nu. Den weiteren Weg bis nach Usedom werden wir gemeinsam fahren.

Die Fahrt auf dem Kanal ist recht eintönig und lang, aber hier gilt wie immer: der Weg ist das Ziel….
Nach 6 Stunden erreichen wir die Marina Marienwerder.
Ein netter kleiner Hafen, ein sehr zuvorkommender Hafenmeister und vor allem, ein gemütliches Restaurant mit schöner Terrasse direkt am Hafen und mit hervorragender Küche. Wenn’s nicht so weit wäre, würden wir öfters kommen…

2 Stunden Kanalfahrt am nächsten Morgen bringen uns zu einem Technikdenkmal des 20. Jahrhunderts.
Das Schiffshebewerk Niederfinow taucht am Horizont auf. Wir legen uns mit ca. 6 weiteren Schiffen an die Wartestelle. Nachdem die 3 Ausflugsschiffe vertäut sind, dürfen die Sportboote sowie Kajakfahrer einfahren und festmachen. Was uns positiv überrascht ist das sehr freundliche Personal. Sie helfen sogar beim Festmachen der Schiffe. Hier sind wir vom Schiffshebewerk Scharnebek in Lüneburg am Elbe-Seitenkanal anderes gewöhnt….

Die Fahrt in der Wanne geht 36 m in die Tiefe. Das aus Stahl genietete Bauwerk bringt nicht nur Technikbegeisterte zum Staunen. 1927 – 1934 wurde es als Ersatz für die alte Schleusentreppe gebaut. Das Schiffshebewerk ist das Bindeglied der Schifffahrtswege Oder – Havel – Elbe. Ein neues Hebewerk entsteht gerade unmittelbar daneben. 2017 sollte die erste Schleusung erfolgen, davon ist man jedoch noch ein gutes Stück entfernt…

10 km weiter legen wir in der Marina Oderberg an, übernachten etwas unruhig bei starken Gewittern und fahren am Morgen weiter Richtung Oder – bei Regen. Nach 6 km schleusen wir in Hohensaaten West auf die Hohensaaten-Friedrichthaler-Wasserstraße. Dieser Kanal fließt parallel zur Oder. Wir folgen ihm bis Stettin.
Kurz vor der polnischen Grenze übernachten wir in Garz – am linken Ufer haben wir Grenzpfosten in Schwarz-Rot-Gold.
Am rechten Ufer schauen Rot-Weiße Pfosten aus dem Dickicht.

Bei der Vorbeifahrt am Stettiner Zentrum sehen wir, wie schön die Gebäude und Plätze hergerichtet sind und beschließen auf der Rückfahrt hier einen Stopp für einen Stadtbummel einzulegen. Dass uns dies verwehrt bleibt, ahnen wir noch nicht.
Weiter nördlich schließen sich die riesigen Industriehäfen von Stettin an. Beim Anblick der Schiffe weiß man, dass die Ostsee nah ist.
Ein Übernachtungshalt im polnischen Hafen Goclaw, dann geht es weiter Richtung Stettiner Haff. Die spärlichen Wettervorhersagen, die wir aufgrund schwacher Internetleistung sowie mangels Beherrschung der polnischen Sprache erhalten, warnen uns nicht vor einer Weiterfahrt. Unsere mangelnde Vorbereitung rächt sich. Auf dem Haff nimmt der Wind sowie die Wellenhöhe stark zu.

Im Haff sollte man das Fahrwasser unbedingt einhalten, denn es gibt unzählige Untiefen, viele Flachwasserzonen und vor allem sehr viele Stellnetze der Fischer. So können wir den Weg zum nächsten Hafen nicht abkürzen sondern müssen uns an den Fahrwassertonnen entlanghangeln. Die Sicht nimmt ab und Regen sowie Wind nehmen zu.
Orkanartige Windböen fegen bald über’s Wasser und wir sollten so schnell als möglich einen sicheren Hafen anlaufen. Wir stellen zum ersten Mal auf unseren Fahrten fest, dass unser Schiff nicht für das offene Wasser sondern für Flüsse und Kanäle gebaut ist.

Die nächste Möglichkeit laut Karte ist der Hafen in Altwarp. Das kleine Hafenbecken bietet zwar an der Kaimauer Platz für uns, der Nord-Ost-Wind steht jedoch genau drauf. Es ist keine Menschenseele zu sehen, uns treibt es auf die Mauer zu, ein Wegkommen oder Abdrehen ist nicht mehr möglich, wir machen fest an Poller und Eisenring. Alle verfügbaren Fender samt Fenderbrett hängen wir zwischen Mauer und Schiff. Wind und Wellenschlag nehmen im Verlauf des Tages zu und wir haben das erste Mal richtig Angst um unser Schiff.

Sturm

Im Hafen von Altwarp steigern sich die Wellen und heben unser Schiff 1 m hoch, schieben rechts/links, Beljanca droht gegen die Kaimauer zu krachen. Zwei weiteren Schiffen, die nach uns in den Hafen eingelaufen sind, geht es ähnlich. Der Fischkutter vor uns hat einen derartigen Hub, dass er den Poller aus dem Boden reisst. Wir schieben abwechselnd Wache in der Nacht und machen fast kein Auge zu. Der einzige, der gut schläft, ist Gino!!!
Das kleine Fischrestaurant direkt am Hafen gewährt uns Asyl, damit wir mal auf ruhigem Grund sitzen können… Am Folgetag löst sich auch unser Poller, an dem Beljanca festgemacht ist. Wir sichern unser Schiff daraufhin an Bäumen und Parkbänken. Die Laterne, die wir noch als Haltepunkt benutzt hatten, steht auch schon schief, da sie nur in den Boden gesteckt war (… wer macht denn sowas???) .
Der Bauhof, der Bürgermeister und die Presse rücken an. Das Gelände um die Kaimauer wird mit Bauzaun und rot-weißen Bändern abgesperrt. Super!!
Da der Wind etwas nachlässt, beschließen wir, Beljanca in der 2. Nacht alleine zu lassen und eine ruhige Nacht in einer nahegelegenen Pension zu verbringen, ohne schaukeln und poltern. Wir schlafen tief und fest.

Die Hinweise der Einheimischen, die wir treffen, dass wir nur in die nächste Bucht hätten fahren sollen, dort sei es windstill, ringt uns nur noch ein Kopfschütteln ab. Das hätte mal jemand vor Befahren des Hafenbeckens sagen sollen, doch bei dem Wetter stand niemand an der Kaimauer….
Nach dem Sturm bekommt der Hafenmeister den Auftrag, neue Poller zu setzen…
Eine 3. Nacht wollen wir nicht in Altwarp, einem eigentlich sehr idyllischen und schönen Ort, verbringen. Bei etwas nachlassendem Wind fahren wir raus und nehmen Kurs auf Ueckermünde.

Die Überfahrt war unruhig und wir sind froh, als wir in die ruhige Uecker einfahren und im Stadthafen von Ueckermünde festmachen können.
Vorräte auffüllen, bummeln gehen, gut essen, ein Fahrradausflug nach Eggesin, eine Fahrradtour am Haff-Ufer entlang bis zum wunderschönen Café Haffblick mit leckerem Kuchen, 4 Tage sind schnell vorbei.
Unsere Freunde Peter und Beate beschließen, nicht weiter über’s Haff Richtung Peene zu fahren sondern die Rückfahrt anzutreten. So gehen wir abends noch schön miteinander essen und verabschieden uns am Montag, 31. Juli 2017.

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