Auf der Elbe von Dömitz bis Havelberg
Am Freitag, 26.05., erreichen wir die „letzte Stadt der Elde vor der Elbe“ -> Dömitz und machen im Hafen oberhalb der letzten Schleuse fest. Inklusive dieser ist die Elde vom Eldedreieck bis zur Einmündung in die Elbe mit 9 Schleusen staugeregelt.
Samstagmorgen schleusen wir in Dömitz 2 Meter talwärts auf die Elbe.
Hier haben wir nun wieder das erste Mal seit Start unserer Reise das Gefühl, auf einem „richtigen“ Fluss unterwegs zu sein. Langsam dahinströmend, breit, Buhnen an den Ufern und Fahrwasserbetonnung.
Ab und zu stehen an den Ufern noch alte Wachtürme. Wir sind froh darüber, dass es heute nur noch Zeugen vergangener Zeiten sind.
Bei diesem heißen Wetter ist der Wasserstand tendenziell sinkend, pro Tag ca. 8 – 10 cm. Bei 1,50 – 2,00 m Wassertiefe kann es bald für den Schiffsverkehr kritisch werden. Auf weiten Strecken sind wir die einzigen, die unterwegs sind.
Plötzlich kommt uns jedoch ein Binnenschiff entgegen. Es schiebt die Flussschifferkirche vor sich her, die von Hamburg nach Magedeburg zum Evangelischen Kirchentag gebracht wurde und nun wieder auf dem Heimweg nach Hamburg ist. Ein schönes Erlebnis, da wir dieses kleine „Kirchenschiff“ schon in Hamburg gesehen haben. Gerne würde ich dort mal einen Gottesdienst erleben.
Wir genießen die ruhige Fahrt durch die Auen der Unteren Mittelelbe. Pferde, Kuh- und Schafherden weiden direkt am Ufer. In den Buhnen sind kleine Sandstrände entstanden, ringsum Natur, in der sich die Tierwelt wohlfühlt. Hin und wieder ertönt ein Kuckuck, ein Auerhahn steht am Ufer und ein Seeadler zieht seine Kreise über dem Fluss.
Von Dömitz (Elbe-km 504) passieren wir Gorleben und fahren bei Schnackenburg, Elbe-km 475, in den Hafen. Auf dieser Strecke holt uns die deutsche Geschichte ein. Nördliches Ufer > ehemals DDR, südliches Ufer > Niedersachsen.
In Schnackenburg – ehemals Grenz- und Zollstadt an der Elbe – besuchen wir das hervorragende Grenzlandmuseum. Der Verein hat hier die Geschichte und Geschichten der Menschen dieser Gegend sehr anschaulich aufbereitet.
Nach dem Lesen all der Schicksale und Lebensumstände sind wir wieder sehr dankbar für unsere Freiheit, in der wir damals wie heute leben dürfen.
Samstagabend kommen überraschend unser Sohn Jens mit seiner Freundin Jasmin zu Besuch und bleiben über Nacht.
Wir genießen den gemeinsamen Abend und haben viel zu erzählen.
Auf der Havel – von Havelberg bis Strodehne
Nach einem Zwischenstopp in Wittenberge verlassen wir am Montag die Elbe bei Elbe-km 423, schleusen 30 cm talwärts und befinden uns auf der Havel.
Da zwei Tage starke Gewitter und Regenschauer vorherrschen, nutzen wir Havelberg zum Einkaufen, Saubermachen und Motorcheck.
Anders als in 2016 haben wir dieses Jahr keine fixen Termine und Orte, die es zu erreichen gilt. Deshalb lassen wir uns Zeit und schippern gemütlich auf der Havel vor uns hin. Nach 15 km machen wir bereits wieder fest und legen in dem kleinen Künstlerdorf Strodehne an. Inmitten herrlicher ruhiger Natur haben wir den langen Gästesteg für uns allein, die sehr gepflegte kleine Wanderraststelle und die nette Dorfkneipe mit hervorragendem Essen (Terrasse mit Blick auf Hafen!) lassen uns gleich 2 Tage bleiben.
Donnerstag, 1. Juni:
Meteorologischer Sommeranfang und das Wetter richtet sich danach. Ein Tag wie gemacht für einen Ausflug.
Für uns wird es der Otto-Lilienthal-Tag.
Wir satteln die Räder, Gino kommt ins Körbchen und mithilfe unserer E-Bikes sind wir trotz Gegenwind zügig im ca. 9 km entfernten Stölln. Hier am 110 m hohen Gollenberg hat Lilienthal 1893 – 1896 seine Flugversuche mit den von ihm konstruierten und gebauten Fluggleitern absolviert.
Am 9. August 1896 erfasste ihn bei einem Flug eine starke Böe und er verunglückte tödlich am Nordhang des Gollenbergs.
Die Wiesen unterhalb des Berges werden deshalb als der älteste Flugplatz der Welt bezeichnet.
Aus diesem Grund wurde auch die Idee geboren, einer ausrangierten Iljuschin 62 der DDR-Fluggesellschaft Interflug hier ihren letzten Standort zu geben. Am 23. Oktober 1989 landete nach seinem letzten Flug von Berlin kommend auf der nur 860 m langen Wiese der 52 m lange und 65 Tonnen schwere Langstrecken-Passagierjet .
In Erinnerung und Verehrung für Lilienthal bekam dieser Jet den Namen seiner Frau: „Lady Agnes“ .
Mit der mutigen und spektakulären Landung auf der kurzen Wiesen-Landebahn von 900 m des heutigen Segelflugplatzes (normal werden 2500 m benötigt) kam der Pilot Heinz-Dieter Kallbach ins Guinnessbuch der Rekorde.
Nach Museumsbesuch und Besichtigung der IL-62 wandern wir auf den Gollenberg und versuchen uns in die Zeit Lilienthals zu versetzen. Der Startplatz auf dem Berg, die Unglücksstelle und Fotos der damaligen Zeit lassen den Mut und den Pioniergeist dieses Mannes erahnen – der 1. Flieger der Welt!
Wir lassen den Tag bei Zander mit Bratkartoffeln (sehr lecker ! ) in der kleinen Dorfkneipe ausklingen und erfreuen uns an einem wunderbaren Sonnenuntergang mit Froschquaken, das aus dem Schilfgürtel herüberklingt.