Ins Winterlager nach Idensen am Mittellandkanal
Am Freitag, 25.08. starten wir früh, da wir eine recht lange Kanalstrecke mit Schleuse vor uns haben. Bei km 325 legen wir uns an die Sportboot-Wartestelle vor der Schleuse Hohenwarthe, da in dieser großen Schleuse die kleinen Schiffe meist nur mit der Berufsschifffahrt geschleust werden. Es besteht hier die Besonderheit, dass wir zwar auf ‚Talfahrt‘ sind aber trotzdem nach oben schleusen. D. h. wir fahren unten in die Schleuse ein und werden nach oben gebracht. Dies alles, um das Niveau der großen Kanalbrücke über die Elbe zu erreichen.
Nach einer 3/4-Stunde des Wartens benötigt der Schleusenwärter aufgrund wartender Schiffe die Öffnung auf der anderen Seite. So werden wir aufgefordert, zügig in die Schleuse einzufahren und an den Schwimmpollern 5 u 6 backbord festzumachen.
WOW! Wir sind erstaunt:
1.) völlig alleine in der großen Schleuse, die immerhin 190 m lang und 12,5 m breit ist sowie knapp 19 m Hub macht
2.) präzise und sehr freundliche Anweisung des Schleusenwärters über Funk.
Wer unsere Erlebnisse in der Schleuse Lehnitz vor Berlin-Tegel gelesen hat, weiß, warum dies erwähnenswert ist.
19 m weiter oben bedanken wir uns bei der Schleuse für diese „Exklusiv-Behandlung“ und kommen 2 km weiter an das nächste monumentale Bauwerk: die Kanalbrücke Hohenwarte über die Elbe.
Ab der Schleuse befinden wir uns auf dem Mittellandkanal. 2003 wurde das Wasserstraßenkreuz Magdeburg einschließlich der beeindruckenden 18 m hohen Trogbrücke über die Elbe für den Verkehr freigegeben.
1 km lang ist die Überfahrt, die man als Sportboot nur im Schlepptau von Berufsschiffen fahren darf. Es sei denn, man erhält die Freigabe des Schleusenwärters zur zügigen Durchfahrt, da kein Berufsschiff in der Nähe und Gegenverkehr nicht angemeldet ist. Es herrscht nämlich striktes Begegnungsverbot auf der Brücke. Auch hier haben wir Glück und können direkt durchfahren.
Unser Ziel, den Yachthafen in Haldensleben, erreichen wir bei km 301 bereits um 13.30 Uhr. Es lief schneller als gedacht. So haben wir Zeit für einen Ausflug und Gino kommt mal wieder richtig zum Laufen.
Nach 4 km Wanderung kommen wir an die Schloßanlage Hundisburg. Von weit her sichtbar erhebt sich das barocke Schloss in vollendeter Symmetrie auf einem Hügel gelegen über die Landschaft. Aus einer wehrhaften Burg formte das Adelsgeschlecht derer von Alvensleben ein Renaissanceschloss und ab dem 17. Jhdt schufen Bauhandwerker aus aller Herren Länder unter kundiger Anleitung ein ländliches Barockschloss, wie es mit Ausnahme der hohen Adelssitze im nördlichen Deutschland seinesgleichen sucht.
Die heutige Nutzung des Schlossareals mitsamt einem weitläufigen Landschaftspark ist vielseitig. Junge Musiker aus aller Welt treffen hier zusammen, um zu proben und zu musizieren, Kinder erleben im Haus des Waldes das Ökosystem Wald kennen, regionale alte Obstbaumsorten haben hier ein Refugium, Hochzeitsgäste den passenden Rahmen und die Alvensleben’sche Lehnsbibliothek ist eine der bedeutendsten Renaissancebibliotheken in Deutschland.
Nach dem langen Marsch zurück zum Hafen haben wir uns ein gutes Essen im nahegelegenen griech. Restaurant verdient und genießen den Abend.
55 weitere Kanalkilometer und wir sind in Wolfsburg. Vorbei an Stadion, Autostadt, Bahnhof und Fabrik erreichen wir die Schleuse Sülfeld und haben wieder Glück. Wir dürfen direkt hinter dem vor uns fahrenden Binnenschiff in die Schleuse einfahren. 220 m lang und Hub von 9 m. Hier stimmt wieder alles: wir befinden uns auf Talfahrt und wir schleusen abwärts. Blöd nur, dass der holländische Binnenschiffer vor uns lange vor Toröffnung seinen Motor anmacht und Volldampf laufen lässt. Uns drückt es vom Schwall stark nach hinten bis wir über Funk die Schleuse verständigen und um Hilfe bitten. Der Binnenschiffer wird ermahnt und stellt seinen Motor wieder ab. Auch in dieser Berufsgruppe finden sich solche und solche….
Km 235: der uns vom letzten Jahr bekannte Yachthafen Hoffmannstadt Fallersleben hat ein Plätzchen frei. Wir buchen für 3 Nächte, treffen uns wieder mit meiner Cousine, mit Freundin Jutta und füllen unsere Vorräte auf.
Vorbei an Braunschweig, Peine und Hannover machen wir nach recht eintönigen 100 Kanalkilometern bei km 135 im Yachthafen Idensen fest. Es ist Mitte September.
Beim Hafenmeister hatten wir wegen eines Winterplatzes für Beljanca angefragt. Da ungewiss ist, ob der Kran unsere schöne Lady auch heben kann, probieren wir dies zusammen aus und haben Glück. Es funktioniert und wir vereinbaren die Auskranung für den 6. September.
Ein paar Tage bleiben uns noch an Bord um aufzuräumen, zu packen, die Technik winterfest zu machen und vor allem um die Stationen unserer Reise und die letzten 4 Monate Revue passieren zu lassen.
Zwischen Packen und Ausräumen machen wir noch einen Fahrradausflug ans Steinhuder Meer, vorbei an dem alles überragenden Kali-Berg und mit Endstation in „unserem“ Kaffee in Idensen.
Wir bedanken uns herzlich bei der Familie Schatz von der „Schatzinsel“ in Idensen, ihrer guten Küche, den leckeren Wildgerichten vom eigenen Wild und dem super Service.
Wir verlassen unser schwimmendes Zuhause etwas wehmütig, freuen uns jedoch auch sehr auf unsere Heimat am Bodensee.
Den Winter werden wir wohl dazu nutzen, die nächste große Fahrt zu planen und ich beginne, ein bisschen Niederländisch zu lernen…..
Bei unseren Lesern bedanken wir uns für das Interesse, unsere Reise ein bisschen mitzuerleben und wünschen allen einen wunderbaren Herbst und gemütlichen Winter.
Tschüß und bis zum nächsten Jahr mit vielen neuen schönen Erlebnissen,
Claudia & Bernd & Gino 2017