Rhein-Wesel-Kanal über Dortmund-Ems-Kanal zum Mittellandkanal
Montagmorgen verlassen wir Mülheim, schleusen talwärts und treffen kurze Zeit später wieder auf den Rhein-Herne-Kanal, dem wir in östliche Richtung folgen. Bis zu unserem nächsten Ziel, der Marina Oberhausen, sind es nur 10 km.
Wir treffen ein nettes älteres Paar aus Bad Honnef, die auch den ganzen Sommer auf dem Boot verbringen, und tauschen unsere Erfahrungen aus.
Wir erhalten den Tipp, den alten Gasometer mit der Ausstellung „Wunder der Natur“ zu besuchen, dies würde sich lohnen. Sie bieten sich an, unseren kleinen Gino so lange zu betreuen, da, wie so oft, Hunde in Ausstellungen nicht erwünscht sind. Gesagt – getan. Und es hat sich gelohnt.
Es bietet sich uns eine tolle Präsentation von Tier- und Naturaufnahmen international bekannter Fotografen im Großformat (ca. 1,50 x 2 m). Im großen abgedunkelten Gasometer wurde zudem eine sich drehende Kugel mit 20 m Durchm. aufgehängt, auf die Satellitenaufnahmen der Erde projeziert werden. Die Darstellung gleicht der Ansicht aus dem Weltall, die Astronauten auf unsere Erde haben. Es ist ein phantastischer Anblick, en überwältigender Eindruck.
Eine Fahrt mit dem gläsernen Aufzug auf das Dach des Gasometers (ca. 13 Stockwerke) und der weite Rundumblick ins Ruhrgebiet runden diesen Ausflug ab.
Wir bleiben einen weiteren Tag in Oberhausen, denn: …–> hier liegt direkt neben der Marina das größte europäische Einkaufs- und Erlebniszentrum CentrO. Neben großem Spaßbad, Kinos, Legoland, Musical-Hall, Tabaluga-Halle, SeaLife, Restaurantmeile, uvm. natürlich auch eine riesige Shopping-Mall.
Und was liegt da näher als sich einen Mittag Zeit zu nehmen und bummeln zu gehen ganz nach dem Motto: „meine Kreditkarte und ich“ …. 🙂 … Die weiblichen Leser werden mich hier voll und ganz verstehen…
Mittwoch, 27.07.2016: Ziel Castrop-Rauxel, Kanal-km: 38. WIr verlassen die Marina Oberhausen und das gerade erst eingefahrene Boot der Wasserschutzpolizei dreht und fährt uns hinterher. Das kann kein Zufall sein!!
Und tatsächlich überholen sie uns, wir möchten bitte folgen und nach der nächsten Brücke bei ihnen seitlich festmachen. Im Gegensatz zu unseren Erfahrungen am Bodensee (die Insider wissen, was ich meine…. ) sind die Beamten sehr freundlich und fragen, ob wir eine kleine Kontrolle oder das große Programm möchten??? Eine Wahl der Art von Kontrolle wurde uns von der Polizei noch nie vorgegeben!! Wir entscheiden uns für das volle Programm, denn daraufhin erhält man einen Aufkleber für’s Boot, dass man dieses Jahr schon kontrolliert wurde und ist vor weiteren Kontrollen meist verschont.
Es ist alles in Ordnung und die vorgeschriebenen Dinge wie Schwimmwesten, Feuerlöscher, etc. sind an Bord, wir erhalten noch ein paar Tipps, tauschen Erfahrungen unter Bootsfahrern aus und erhalten die Plakette. Wir sind uns einig: das war die netteste und höflichste Polizeikontrolle, die wir je hatten. Vielen Dank WSP Essen !
Auf dem MLK gibt es auch einige Sicherheitstore, unter denen wir durchfahren. Im Falle eines Schadens im Kanal können diese runtergefahren werden, damit der Kanal nicht leerläuft…
Nach 3 großen Schleusen auf dem Rhein-Herne-Kanal, die wir aufgrund wenig Schiffsverkehr alleine bergwärts schleusen können, machen wir am Außensteg des Hafens C-R fest und gönnen uns ein lecker Abendessen im Restaurant am Hafen.
Donnerstag gibt’s nur ne kurze Etappe von 10 km, da wir am alten Hebewerk Henrichenburg festmachen wollen, um dies zu besichtigen.
Ein eindrucksvolles Industriedenkmal von 1899, das mit der Eröffnung des Dortmund-Ems-Kanals, der hier auf den Rhein-Herne-Kanal trifft, von Kaiser Wilhelm II am 11. August (!!) eingeweiht wurde.
Dies war eine neue Schlagader im Revier: Massengüter wie Kohle, Erze und Baustoffe konnten jetzt direkt über den Wasserweg zu den Seehäfen an der Nordsee bzw. von dort ins Ruhrgebiet transportiert werden. Im Schiffshebewerk, das einen Höhenunterschied von 14 m überwindet, herrschte Hochbetrieb: 40 Schiffe täglich schaffte der fahrbare Trog. Mehrere Tage Wartezeit musste trotzdem von den Schiffen oft in Kauf genommen werden. 70 Jahre lang tat die Technik ihren Dienst. Dann übernahm ein modernes Hebewerk in unmittelbarer Nachbarschaft diese Aufgabe.
Die alte Schachtschleuse neben dem Schiffshebewerk wurde trockengelegt und begehbar gemacht. Beeindruckend, die langen hohen Mauern entlang zu laufen und sich vorzustellen, wie oft dieser Schacht voll- und wieder leergelaufen ist, um die Schiffe vom Dortmund-Ems-Kanal in den Rhein-Herne-Kanal zu bringen.
Dortmund-Ems-Kanal
Ab Kanalstufe Henrichenburg geht der Rhein-Herne-Kanal in den Dortmund-Ems-Kanal über, auf dem wir in einem Tag Münster erreichen wollen. Eine Kanalbrücke führt uns über den kleinen Fluss Lippe.
Wenn man die Verkehrsschilder und die „Straßenlaternen“ sieht, hat man nicht immer den EIndruck mit dem Schiff auf dem Wasser unterwegs zu sein. Und „parken“ darf man auf der Brücke auch nicht…
Gut 55 km fahren wir mit der auf den Kanälen vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 12 bzw. 15 km/h bis Münster.
Wir vermissen etwas die Abwechslung, die ein „echter“ Fluss bietet. Die Kanäle bestehen zumeist aus Spundwänden, die beiderseits aus dem Wasser ragen, oder schrägen Böschungen, die gleichmäßig bewachsen sind.
An die „Kanalfahrerei“ müssen wir uns jedoch gewöhnen, liegen zwischen unserem Abzweig auf den Rhein und Wolfsburg doch ca. 430 km.
Der Stadtanleger in Münster macht keinen sympathischen Eindruck. Wir entscheiden uns deshalb, im Oberwasser der Schleuse festzumachen und hier zu nächtigen.
DIe Wasserschutzpolizei fährt regelmäßig vorbei, „schaut“ jedoch nur!
Beim 3. Mal passieren halten sie an und fragen uns, wo denn unser Heimathafen sei, da nichts auf dem Schiff vermerkt ist. Auf unsere Antwort, dass wir keinen haben sondern nur unterwegs sind, ernten wir erstauntes Kopfschütteln und den Kommentar: „so gut möcht‘ ich’s auch mal haben“! TJa, was soll man da antworten ….
Über das AIS-System, mit dem alle Berufsschiffe zu orten sind, schauen wir, wo das Binnenschiff MS ZENIT mit Carsten und Steffi unterwegs ist. Im März 2014 sind wir bei den beiden von Bremen bis Duisburg und zurück nach Münster mitgefahren und haben das Leben der Binnenschiffer ein bisschen miterleben dürfen. Wir haben damals viel gelernt, was uns nun im Miteinander auf den Flüssen zugute kommt.
Wir sehen, dass die MS ZENIT auf dem Mittellandkanal unterwegs ist und Kurs auf Münster fährt. Wir nehmen Kontakt auf und vereinbaren ein Treffen an der Liegestelle Schmedehausen. Es ist ein fröhliches Wiedersehen, wir erzählen über „Schiffererfahrungen“ und sitzen bei ein paar Bierchen bis spät bei uns an Deck.
Mittellandkanal bis Fallersleben / Wolfsburg
Wir folgen dem Dortmund-Ems-Kanal bis km 108 und „biegen rechts ab“. Hier beginnt der Mittellandkanal mit km 0 bei den Orten Bevergern / Hörstel. In der „Alten Fahrt Hörstel“ bei km 4, einem kleinen Seitenarm, finden wir einen idyllischen ruhigen Liegeplatz und wissen, dass nun 233 km Kanalfahrt auf dem MLK vor uns liegt.
Die großen schiffbaren Flüsse Rhein, Weser, Elbe und Oder fließen von Süden nach Norden und werden Ost-West-Richtung nur durch den Mittellandkanal miteinander verbunden.
Er wurde in den Jahren 1906 bis 1938 für 600 Tonnen-Schiffe und Schleppzüge gebaut und wird zurzeit für 2000 Tonnen-tragende Großmotorgüterschiffe und für Schubschiffverbände mit 3000 Tonnen Tragfähigkeit ausgebaut.
Manche der “dicken Kähne” haben’s recht eilig und überholen auch die “Kleinen”… 🙁
Und auf den Binnenschiffen mit Familie findet sich auch ab und zu ein “Spielplatz” 🙂
Da wir für ca. 5 Tage Wasservorrat haben und während der Fahrt die Batterien über den Generator immer wieder geladen werden, benötigen wir zur Übernachtung nicht unbedingt einen Hafen.
Der MLK bietet viele Liegestellen für die Binnenschiffe, an deren Ende meist auch für die Sportboote ein kleiner Bereich ausgeschildert ist. Hier finden wir meist ruhige und kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten, um am Folgetag unsere Kanalfahrt fortzusetzen.
Wir kommen bis km 233 kurz vor Wolfsburg an bekannten Städten (Bad Essen, Minden, Hannover, Peine und Braunschweig) aber auch an vielen für uns unbekannten Orten vorbei wie Püsselbüren, Bramsche, Idensen, Wenden, Abbesbüttel.
Historische Orte liegen ebenfalls an dieser für uns unbekannten Gegend. So erfahren wir an einer einsamen von Wald umgebenen Liegestelle, dass in der Nähe die Schlacht von Varus (Teutoburger Wald) stattgefunden haben soll. HIer erlitten römische Legionen im Jahr 9 n. Chr. eine verheerende Niederlage gegen die Germanen. Dies leitete das Ende der Bemühungen ein, diese Gegend in eine Provinz des römischen Reiches zu machen.
Auf km 102 kommen wir an das Wasserstraßenkreuz Minden. Hier kreuzt der Mittellandkanal auf einer hoch gelegenen Dammstrecke das hier etwa 3 km breite Wesertal und die Weser auf ihrem Weg nach Bremen.
Eine große Schachtschleuse bringt die Schiffe von der Weser kommend hoch auf den Kanal. Neben der alten Schachtschleuse, Baujahr ca. 1911 – 1914, entsteht zur Zeit eine neue große moderne Schleusenkammer.
Wir machen direkt am Wasserstraßenkreuz in Minden am Sportbootanleger fest und besichtigen das „Schifferkreuz“ sowie das Infozentrum der Schachtschleuse. Ein beeindruckendes Bauwerk.
Mit den Fahrrädern geht’s mittags ins 3 km entfernte Minden mit sehenswerten Fachwerkhäusern in der Altstadt; auf dem Rückweg fahren wir unter der Brücke durch, auf der wir nachmittags die Weser überqueren werden
Am Schifferkreuz des Schiffsvereins ‚Hol Fast‘ an der Ecke Kanal / Schleusen-oberwasser zeigt uns die Kompassrose die Entfernung zur Heimat. Nach Basel sind es Luftlinie 537 km, auf dem Wasserweg 856 km
Ein langer Schubverband aus Holland schiebt sich rech nah an uns vorbei und schwenkt ein. Unsere Abschätzung, ob die Lücke reicht, ist eher kritisch. Doch der ca. 150 m lange Kahn macht vorne an der Ecke fest und schwenkt mit Heckstrahlruder an die Kaimauer. Wir sind immer wieder erstaunt, wie die Schiffer mit ihren langen Kähnen manövrieren können. Wir kommen ins Gespräch und erfahren, dass er Kali nach Rotterdam transportiert und hier nur festmacht, um Wasser zu bunkern.
Die folgenden 4 Tage fahren wir auf dem MLK über die „Leine“ bei Hannover, passieren den Stichkanal nach Hildesheim und den nach Salzgitter, dann Braunschweig und erreichen am Montag, den 08.08.16 mittags den Yachtclub der Hoffmannstadt Fallersleben.